Pilgern macht frei
Mit 16 Jahren bin ich das erste Mal zu Fuß nach Mariazell gegangen. Ein Kreuz hat die Gruppe begleitet. Alle haben es ein Stück getragen und waren dabei in der Stille und im Gebet mit Gott verbunden. Eine tiefe Symbolik verbirgt sich hinter dem Bild des kreuztragenden Pilgers. Er macht sich machtlos. Er lässt alles zurück, was sein tägliches Leben ausmacht. Er trägt mit seinen Händen das Kreuz und weiß sich doch von Jesus getragen, der machtlos am Kreuz hängt. Das merkt man besonders auf jenen Wegetappen, die frei vom Handynetz sind. Sie befreien von der scheinbar letzten Machbarkeit und lassen die Pilger in ein spirituelles Netzwerk eintreten. Ich sehe hierin den Sinn des Pilgerns: frei zu werden, die Last des Lebens abzugeben und sich in der guten Macht Gottes zu bergen. Dazu braucht es nicht viel. Es sind die Bereitschaft zum Aufbruch und das Vertrauen, gemeinsam mit anderen Menschen dieses Ziel zu erreichen.
Michael Wüger